„Der morgendliche Blick aus dem Fenster verheißt nichts Gutes: es ist grau und regnerisch. Aus der verzaubernden Schneewelt ist eine graue, unansehnliche Masse geworden, für die nicht nur die Stadtreinigung zuständig sein sollte. Viele Menschen gehen mit den gleichen grauen, betrübten Gesichtern durch die Straßen. Einige aber begegnen uns mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen, sie ahnen und sehen wahrscheinlich schon den Frühling. Vermutlich wurden sie von den ersten Köpfen der Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) überrascht, den prall gefüllten Knospen der Zaubernuss (Hamamelis) und natürlich den strahlenden Blüten der Christ- oder Lenzrosen (Helleborus x orientalis).« So beginnt die Autorin Gabriella Pape ihr Buch »Alles was Sie schon immer übers Gärtnern wissen wollten«.
Ich habe diese Buchvorstellung mit diesem Auszug eingeleitet, da er die Inhalte gut beschreibt. Schon seit längerem schreibt Gabriella Pape Kolumnen rund ums Gärtnern in der »Welt am Sonntag« und in der »Berliner Morgenpost« und lässt die Leser an ihren persönlichen Erlebnissen teilhaben. Die Texte in diesem Buch stellen wie es scheint eine Zusammenfassung, bzw. ein Best Of dieser Kolumnen dar.
Einblicke in die Gedanken- und Erfahrungswelt einer Gärtnerin
„Wie so oft, wenn man denkt, dass es nun wirklich und endlich Frühling ist, trügt der Schein und es schneit noch einmal, wie wenn Weihnachten kurz vor der Tür stünde. Ich jedenfalls habe im April genug vom Schnee und kann das weiße Nass nicht mehr sehen.“ – Mit dieser Anekdote spricht mir Frau Pape in diesem winterlichen April aus tiefster Seele.
Kolumnen und Blog-Artikel können sich äußerst ähnlich sein, denn beide geben dem Autoren eine große Freiheit, einfach frei heraus zu schreiben, was man sich denkt oder wovon man glaubt, es den Lesern mitteilen zu müssen. Es handelt sich dabei um sehr subjektive und selektive Einblicke in die Erfahrungs- und Gedankenwelt des Autoren.
Die Kolumnen befassen sich aber nicht nur mit allerlei Gartenthemen, die die Autorin nach Belieben behandelte. Auch Leserfragen, die von Gabriella Pape beantwortet wurden, sind in diesem Buch zusammengestellt. Da es sich hier um sehr subjektiv geschriebene Artikel handelt, kann es immer wieder vorkommen, dass der Leser den Inhalten das eine Mal vollkommen zustimmt und sich in den Erzählungen wiederkennt, oder aber ein anderes Mal mit den Beschreibungen nicht einverstanden ist, wie es uns beim Lesen auch manchmal ergangen ist.
Das Buch ließt sich sehr flüssig und die Autorin schafft es mit Leichtigkeit, Bilder im Kopf zu erzeugen. Alles in Allem erinnert mich der Stil sehr an britische Gartensendungen im TV wie jene von Alan Titchmarsh.
„Aber wer seinen Garten liebt, wird nie ein Buddhist sein können.“
Diese Aussage bringt die Autorin zu Papier, als sie erklärt, wie man Rhododendron-Zikaden mit Gelbtafeln zur Strecke bringt. Ich denke, dass diese Aussage so nicht stimmt, denn auch Buddhisten haben wunderschöne Gärten – Aber im Ernst: Wir GartenGnome setzen wo es geht auf natürliche Feinde wie Vögel und Raubinsekten. Erstens kommt es darauf an, wie leicht man es sich machen möchte, andererseits liegt die Schönheit eines Gartens auch immer im Auge des Betrachters. Ein Naturgarten muss auch sogenannte Schädlinge und Unkräuter vertragen können.
Ich habe dieses Beispiel exemplarisch gewählt, da es für mich ein ganz klares Statement der Autorin abbildet. Für mich ist diese Ansicht zwar nachvollziehbar, zeugt aber von einem Weltbild, das ich nicht teile. Ich will damit nicht sagen, dass wir nicht selber gegen Schnecken „kämpfen“ und Gelbtafeln gegen Trauermücken verwenden. Das ist für uns aber immer das letzte Mittel, wenn die Natur des Gartens (noch) nicht fähig ist, sich selbst zu helfen.
Zur Verteidigung der Autorin muss ich nun aber auch noch anbringen, dass die einzelnen Artikel, die in diesem Buch gesammelt wurden auch unterschiedliche Denkmuster bzw. eine gewisse Entwicklung über die Zeit abzuzeichnen scheinen. In einigen Passagen ist noch von Unkräutern zu lesen und in einer anderen Passage verteidigt die Autorin Unkräuter als verkannte Heilkräuter und Zierpflanzen. Hier wäre eine Kennzeichnung mit Datum sehr aufschlussreich gewesen um ein tieferes Verständnis für den Inhalt zu erlangen.
Unkraut vergeht nicht … und das ist auch gut so
Gabriella Pape ist Gärtnerin aus Leidenschaft und beschreibt in ihrem Buch eine Vielzahl an Pflanzen mit zahlreichen interessanten Details und gibt auch die eine oder andere Erfahrung preis. Dabei ist sie natürlich, wie es sich für eine gute Kolumnistin gehört, äußerst subjektiv und hält mit ihrer persönlichen Meinung nicht zurück.
Frühlingsputz im Garten bedeutet für die Autorin zum Beispiel auch, ungeliebte Pflanzen unter dem Vorwand, sie wären dem Winter zum Opfer gefallen, aus den Rabatten zu werfen. Geschenkte Pflanzen sind für Frau Pape oftmals solche ungeliebten Gewächse, denn nur der Gartenbesitzer selbst weiß, was nun wirklich in den Garten passt.
In ihrem Kapitel über Unkraut erhält Frau Pape meine volle Sympathie, denn hier beschreibt sie, dass man Unkräuter lieber als Wildkräuter und oft auch als Heilkräuter bezeichnen sollte. Hier erzählt Gabriella Pape, welche Pflanzen welchen Bodentyp anzeigen und warum die Brennnessel ein gutes Zeichen für den Gärtner bedeutet. So schreibt die Autorin auch (ironisch): „Wenn bei Ihnen gar kein Unkraut wächst, dann ist der Boden tot und ich würde einen Umzug empfehlen.“
Die Gestaltung des Gartenbuches
Der Schutzeinband des Buches ist äußerst liebevoll gestaltet und im Druck veredelt – Den gedruckten Blatt- und Blütenelementen wurde mit einem Glanzlack ein edler Schimmer und ein haptisches Erlebnis verliehen. Der eigentliche Einband darunter besitzt lediglich die Typographie sowie das Verlagslogo, allerdings keine Ornamente.
Das gesamte Buch wurde sichtlich mit Liebe gesetzt und gestaltet. Immer wieder tauchen Illustrationen auf, die ich drei grafischen Stilen zuordne. Zum Einen gibt es immer wieder flächige, einfarbige und ornamentale Illustrationen, zum Anderen findet man auch einige mehrfarbige bzw. teiltransparente eifache Illustrationen und dann kommen, zur Einleitung eines neuen Abschnittes, auch Pflanzenfotos zur Anwendung.
Auf die Schmutztitel folgt ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis, das erste Einblicke in die Kapitel ermöglicht. Die Kapitel wurden teils sehr direkt (Der Cottage-Garten) und teils etwas poetischer (Die Blume aus dem Paradies) oder mit einem Augenzwinkern (O Tannenbaum – Schatz, wo hast du den denn her?!) benannt.
Über die Titelei und die Textgestaltung brauche ich gar keine großen Worte verlieren. Die Titelei ist gelungen, das Buch liest sich flüssig und die Gliederungen sind verständlich und übersichtlich. Glücklicherweise nur sehr selten wurden Texte mit Illustrationen hinterlegt, was dann den Lesefluss doch behindern kann. Das Buch endet mit einem übersichtlichen und umfangreichen Register und schließlich mit dem Impressum.
Auf dem rückseitigen Umschlag des Schutzumschlages findet sich schließlich noch die Vorstellung der Autorin, Gabriella Pape. Verliert man also den Umschlag, so ist auch dieser, für den Inhalt meiner Meinung nach wichtige Schlüssel, auch dahin. Verlegt also den Umschlag nicht und erkundigt Euch auch ein wenig über die Autorin!
Die Autorin: Gabriella Pape
Das Leben der Autorin liest sich wie ein Roman: Die gebürtige Hamburgerin Gabriella Pape wurde nach einer Gärtnerlehre in Deutschland in den Kew Gardens in London, dem größten botanischen Garten der Welt, als Studentin aufgenommen. Nach dem Studium sowie einem Diplom der Landschaftsarchitektur an der Universität Greenwich machte sich Gabriella Pape selbstständig und gründete zusammen mit der Gartenhistorikerin Isabelle Van Groeningen das Gartendesignstudio »Landart« in England. Im Jahr 2000 gewannen die beiden Kolleginnen für ihren Showgarten auf der Hampton Court Flower Show dann auch eine Goldmedaille und den Titel »Best in Show« der Horticultural Society. Auf der Chelsea Flower Show erhielten sie zudem die Silver Gilt Medaille.
2008 wiedereröffnete Gabriella Pape die ehemalige Königliche Gärtner-Lehranstalt in Berlin als Königliche Gartenakademie. In zahlreichen Interviews mit Gabriella Pape im Zuge dieser Wiedereröffnung erfuhr man, dass sie es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Deutschen wieder mehr Gartenkultur zu vermitteln: „In den letzten 25 Jahren konnte ich mein Land von England aus beobachten. Dieses Verhalten hat viel mit verlorener Tradition zu tun, denn nach dem Zweiten Weltkrieg wollten wir nur aufbauen. Engländer, Franzosen und Italiener sind nationaler geblieben, sie wuchsen innerlich.“ antwortete Frau Pape auf die Frage, warum die Deutschen das Wort „Gärtnern“ nicht schätzten (Quelle: Die Welt, 20.03.2009).
Meine Gedanken zum Buch »Alles was Sie schon immer übers Gärtnern wissen wollten«
Der Titel ist sehr überspitzt, wenn nicht gar reißerisch, denn kein Buch kann wohl all das erklären, was man über das Gärtnern schon immer wissen wollte. Im Gegenteil: Dieses Buch erzählte mir einiges, über das ich zuvor in dieser Form noch nicht nachgedacht hatte. So finde ich auch den Untertitel »Gabriella Pape beantwortet die wichtigsten Gartenfragen« nur wenig passend.
Dem Titel sei verziehen, denn der Inhalt ist interessant, unterhaltsam und lehrreich. Auch wenn wir beim Lesen nicht immer einverstanden waren, oder gerne noch das eine oder andere ergänzen würden, so ist dieses Buch dennoch, oder gerade aufgrund dieser Differenzen eine empfehlenswerte Lektüre. Wieder einmal handelt es sich nicht um ein typisches Gartenbuch, von dem man sich pure Anleitungen und Tipps erwarten kann. Vielmehr ist es wie auch das von uns vorgestellte Buch »Stauden im Garten« eher ein Lesebuch für einen gemütlichen Abend oder auch für die Zugfahrt. Anders als die Autorin des vorher genannte Buches schreibt Frau Pape jedoch – glücklicherweise – bei weitem nicht so ausschweifend und kompliziert.
Sympathisch macht die Autorin auch, dass sie nicht vorgibt, alles zu wissen. So heißt es in einem Antwortschreiben auf einen Leserbrief zum Beispiel auch, dass die Autorin sich mit der Frage nach einem Schadensbild überfordert sieht. „Ich werde Ihr Schadensbild mit nach London nehmen und bei der Royal Horticultural Society fragen und mich dann wieder bei Ihnen melden.“, antwortet Frau Pape. Leider scheint aber die Antwort dann keinen Weg ins Buch gefunden zu haben – schade.
Interessant und besonders lesenswert finde ich Kapitel wie »Ein Appell an die Gartenbesucher« in dem die Autorin über die sogenannte „Finger Blight“ (Fingerfäule) in öffentlichen Gärten schreibt. Dabei handelt es sich um das ungebetene Mitnehmen von Samen, Samenständen oder sogar von Stecklingen. Die Finger Blight stellt laut Gabriella Pape in viel besuchten Gärten ein ernst zu nehmendes Problem dar. Solche Erfahrungen kann eben nur jemand machen, der auch hinter die Kulissen großer Gärten blicken kann.
Alles was Sie schon immer übers Gärtnern wissen wollten
Gabriella Pape
Callwey Verlag
ISBN: 978-3-7667-1953-9
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